
Plötzlich ist alles anders
Im Sommer habe ich die Entscheidung getroffen, dass ich mein Knie operieren lasse – eine Schlittenprothese mit 46 Jahren. Jahrelang hatte ich Schmerzen und habe mich immer mehr eingeschränkt. Viele meiner Hobbys waren passé, da ich aufgrund der ständigen Schmerzen einfach nicht mehr in der Lage dazu war. Zwei Urlaube wurden gecancelt und ich zog mich immer mehr zurück. Das konnte so nicht weitergehen. Der OP Termin wurde ausgemacht und pünktlich zum Nikolaus gab es ein neues Knie. Angst und Freude hielten sich die Waage. Angst vor dem, was kommen mag. Freude vor dem, was ich mir erhoffte.
Im frühen Herbst gönnte ich mir einen Kurztrip an die Mosel. Shiva und ich übernachteten in einem Schlaffass. Es war toll, aber meine Güte, war das heiß. Die letzten Tage hatte die Sonne so richtig Fahrt aufgenommen und das Fass heizte sich auf. Shiva und ich waren beide etwas am Japsen. Aber wir genossen unseren Urlaub und lernten auch Penny mit ihrem Frauchen Claudi kennen. Es war einfach toll! Wir verstanden uns super und auch Penny und Shiva fanden sich okay, da sie beide eher kein Interesse an einer näheren Bekanntschaft hatten und ihr Ding machten.
Da ich nicht mitgedacht hatte, hatten wir blöderweise das mittlere der drei Fässer und vor allem auf der einen Seite war ein sehr distanzloses Ehepaar mit einem Mops, der noch distanzloser war. Ständig kläffte er uns an und von einer kurzen Leine hatte er auch noch nichts gehört. Zumindest kam er bis an unser Fass heran und ich musste Shiva sehr kurz nehmen, damit sie kein Mops-Frikassee machte. Trotzdem genossen wir unseren Kurztrip und machten eine wunderschöne Wanderung genau im Moselknick. Rechts und links der Fluss und wir umwanderten eine Burgruine und einen kleinen Flugplatz. Es war einfach schön.
Vor lauter Freude über den wunderschönen Urlaub buchte ich gleich den nächsten. Diesmal in Bayern in einem Tiny House. Ende Oktober direkt am Brombachsee. Ich freute mich schon sehr auf Ausflüge an den See und die umliegenden Wälder. Schließlich nervt mich grade im Herbst der Schwarzwald mit seinen dunklen Tannen sehr. Ich liebe doch bunte Bäume und Laubwälder. Die sollte ich dort im bayrischen doch wohl finden. Zumindest auf den Fotos sah es so aus.
Und dann kam der schreckliche Tag. Ich passte nicht richtig auf. Shiva sauste nach dem Training zum Fluss und trank aus dem stehenden Gewässer. Eigentlich durfte sie da nicht draus trinken, weil ich Angst vor Erkrankungen hatte. Aber es war ein heißer Tag und sie genehmigte sich ein paar Schlucke, bevor ich sie weiter schickte. Mein blödes Knie verhinderte, dass ich mit ihr zusammen am Fluss war. Ich verließ mich auf den tadellosen Grundgehorsam. Meine Unachtsamkeit und Leichtsinnigkeit verursachte eine Wendung in meinem Leben, die ich nie erwartet hätte. Mein geliebtes Wuschelmädchen wurde sehr krank. Tagelanges Erbrechen und Durchfall. Trotz mehrfacher Tierarztbesuche erreichten wir kaum Besserung.
Shivas Krankheit zehrte sie zusehends aus. Sie wurde schmal und schmaler und fraß kaum noch was. Sie war nie eine gute Esserin, aber es war erschreckend. Von ehemals 18 Kilo magerte Shiva auf 12 Kilo ab. Nur noch Haut und Knochen. Ihr Lachen verschwand und ihre Lebensfreude. Die Lebensfreude, die immer alles überstrahlte. Die mich so mitriss. Was sollte ich nur tun? Nach langem Nachdenken beschloss ich mit in den Kurzurlaub nach Bayern zu fahren. Vielleicht würde ihr der Urlaub gut tun und ihre Lebensfreude wieder wecken.
Wir waren in einer Tierklinik hier in der Nähe und dort wurde uns gesagt, dass sie eine Reizung der Bauchspeicheldrüse hat und das mit den Medikamenten wieder besser wird. Organisch wurde im Ultraschall erst nix gesehen. Keine Vergrößerung der Leber oder Gallenblase und auch die Bauchspeicheldrüse war unauffällig. Wir fuhren also in den Urlaub. Es wurde ihr letzter Urlaub. Wir genossen jede Sekunde, die wir miteinander verbrachten und ich konnte zusehen, wie sie schwächer wurde. Trotzdem war sie ganz aus dem Häuschen vor Freude, als wir an den Strand fuhren. Strand hat sie immer geliebt und ich gönnte ihr von ganzem Herzen ihre Freude. Da war mein Wuschelmädchen wieder! Meine lebensfrohe Shiva.
Im Anschluss an den Urlaub ging es rapide abwärts. Es war wohl ein letztes Aufbäumen. Ich brachte Shiva in die Tierklinik und hatte so sehr Angst, dass ich sie nicht mehr lebend wieder sehen würde. Ihre Leber war stark entzündet, die Bauchspeicheldrüse war kurz vorm Kollaps und die Gallenblase zum Zerreißen gefüllt. Beinahe jeden Tag fuhr ich nach Freibug, um bei ihr zu sein. Es war der totale Horror, sie jedesmal wieder da lassen zu müssen. Nach 4 Tagen durfte ich sie holen. Die Ärzte schlossen eine Operation aus und ich würde sie Palliativ nach Hause bekommen. Palliativ. Ich konnte nur noch weinen. Mein Mädchen würde nicht mehr viel Zeit haben. Sie schaffte es noch 3 Tage, dann musste ich sie gehen lassen.
Shiva starb am 09.11.2023 um 14:39 Uhr in meinen Armen. Ich brachte sie direkt vom Tierarzt ins Krematorium. Meine Welt brach zusammen. Was sollte ich nur ohne sie machen? Vor ein paar Wochen hatte ich noch Angst vor einer Operation am Knie gehabt. Jetzt war das alles egal. Shiva war tot. Sie hat für meinen Fehler so bitter bezahlt. Ich werde mir das nie verzeihen können. Meine Tierärztin hat eine Blutprobe auf Botulismus untersucht und festgestellt, dass das Shivas Todesursache war. Letztendlich versagte die Leber und die Gallenblase oder der Gallengang waren gerissen, aber durch meine Dummheit hatte ich den Tod verursacht.
Am Montag, den 13.11.2023 kam ihre wunderschöne Urne wieder nach Hause. Shiva ist wieder bei mir. Ein Teil ihrer Asche ist in einem kleinen Anhänger um meinen Hals. Ihre Pfotenabdrücke sind auf meinen Arm tätowiert. Wir sind eins. Sie fehlt mir so unglaublich… Ich kann nie wieder meine Finger in ihrem weichen Fell vergraben, sehe nie wieder ihr Lachen und spüre wie sie mich anstupst, weil sie mit mir spielen will. Sie fehlt mir so unglaublich…
Nach Tagen, die belanglos an mir vorbeistrichen, fasste ich den Entschluss, dass auf jeden Fall ganz bald ein neuer Hund in mein Leben treten sollte. Also durchforstete ich das Internet. Schon vor einigen Jahren hatte ich den Vorsatz getroffen, dass der nächste Hund vom Züchter kommen würde. Ich wollte keinen Hund, dessen Vergangenheit ich nicht kannte. Nicht wieder. Shiva wurde von ihren Ängsten beherrscht und hat dadurch vieles verpasst. Vielleicht habe ich alles falsch gemacht, vielleicht war es Schicksal. Nochmal wollte ich das jedenfalls nicht.
Bereits 10 Tage nach ihrem Tod ging ich Welpen angucken. Wer jemals Welpen angucken war, weiß was das bedeutet. Ich hatte mir schon tagelang verschiedene Seiten angeschaut und war auf eine Liebhaberzucht aufmerksam geworden. Die Welpen waren alle hinreißend süß und einerseits faszinierten mich die blauen Augen von mehreren Welpen und zum anderen die feine und fast symmetrische Zeichnung einer kleinen Hündin. Mit dem Gedanken, dass es einer der beiden blauäugigen Rüden werden würde, fuhr ich also ins Elsass.
Es kommt ja immer anders, als man denkt. 5 Welpen waren da. Sie gefielen mir ausgesprochen gut. Sie waren alle aufgeschlossen und munter. Mit Begeisterung wurden meine Cousine und ich beknabbert und beklettert. Doch die beiden Blauaugen und ich fanden den Draht nicht zueinander, zuerst war ich verwirrt, denn irgendwie war ich so fest davon ausgegangen, dass einer von beiden der passende Hund für mich war. Ich kann das Gefühl gar nicht so beschreiben. Aber bei einem dachte ich, dass er der perfekte Hund für mich war. Also wurden die anderen Welpen noch einmal genauer unter die Lupe genommen und da war sie! Das kleine Mädchen mit der symmetrischen Zeichnung. Das kleine Mädchen mit den braunen Augen und der wunderschönen feinen weißen Blässe. Eigentlich nur ein ganz feiner Strich. Sie war mein Mädchen. Ich spürte es als sie in meinem Arm lag und mich anlachte.
Schweren Herzens und ganz vernünftig, musste ich die kleine Cydney noch da lassen. Schließlich wurde ich in zwei Wochen am Knie operiert und erst danach durfte sie einziehen. Ich wollte nichts überstürzen und musste geduldig sein. Erstens war sie noch zu jung und zweitens ist es für die Bindung auch blöd, wenn ich direkt nach 5 Tagen gleich wieder für eine Woche weg bin. Also durfte sie mit neuem Namen am 12.12.2023 einziehen und wirbelt seitdem mein Leben durcheinander. Indigo. Der Name war so fest in meinem Kopf mit einem neuen Hund verankert, dass ich ihn niemals hätte ändern können.
Indy – ja, mein Hund wird meistens Indy gerufen – ist ein Wirbelwind, der durch mein Leben rauscht und mich kaum zu Atem kommen lässt. So ein Aussie ist nichts für schwache Nerven. 🙂 Nee, sie ist großartig und so quirlig und mutig und fröhlich. Aber sie ist frech wie Oskar und steckt voller lustiger Einfälle, wie sie mein Leben interessanter machen kann. Wir haben nun angefangen zu klickern, in der Hoffnung, dass ich ihren Übereifer so etwas Einbremsen kann. Sie lernt rasend schnell und ich möchte sie ja fördern und fordern, aber nicht überfordern. Den schmalen Grad zwischen „mach deinen Hund zum Arbeitstier“ und „bring ihm Ruhe bei“ beschreiten wir mehr oder weniger Elegant. Aber sie macht unglaubliche Fortschritte. Ich bin gespannt, was sie zu berichten weiß. Denn eine eigene Seite oder einen Teil auf dieser Seite wird sie bekommen.